Was ist MCOPS12?

Das Gen

Das Retinsäurerezeptor beta (RARB) Gen (Gen-ID: 5915) befindet sich auf dem kurzen (p) Arm von Chromosom 3 (3p24.2). Es besteht aus 13 Exons, vier Promotorregionen und hat beim Menschen eine Größe von 423 kb. RARB codiert das Retinsäurerezeptor-beta (RARb)-Protein, das ein nuklearer Rezeptor und Transkriptionsfaktor ist. 

Transkriptionsfaktoren sind Proteine, die die Transkriptionsrate genetischer Informationen von DNA zur Boten RNA? (mRNA) steuern, indem sie an eine spezifische DNA-Sequenz binden. Ihre Funktion besteht darin, Gene zu regulieren (d. h. ein- und auszuschalten), um sicherzustellen, dass sie während der gesamten Lebensdauer der Zelle zur richtigen Zeit und in der richtigen Menge in den Zielzellen exprimiert werden. 

Nach Bindung und damit Aktivierung durch Retinsäure (dem Metaboliten und der biologisch aktiven Form von Vitamin A) reguliert RARb die Expression vieler Gene im menschlichen Körper. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung mehrerer Organe, darunter Augen, Zwerchfell, Herz, Verdauungstrakt und Gehirn. Darüber hinaus ist RARb ein Tumor-Unterdrücker und steht daher seit mehr als zwei Jahrzehnten im Fokus der Krebstherapie. 

Figure 1: RARb protein
Source: Wikipedia

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Die Krankheit

Microphthalmia, Syndromic 12 (MCOPS12) ist eine äußerst seltene genetische und komplexe neurologische Erkrankung. Häufige Symptome sind Entwicklungsstörungen des Auges (z.B. Mikrophthalmie), Hypotonie (niedriger Muskeltonus), schwere Bewegungsstörungen und verschiedene kognitive Beeinträchtigungen. Die Bewegungsstörungen sind fortschreitend und beinhalten oft Dystonie (unwillkürliche Muskelkontraktionen) und Spastik. Darüber hinaus wurden Fehlbildungen wie Defekte des Kleinhirns (Chiari-Typ-I-Malformation), Löcher im Zwerchfell (Zwerchfellbruch) und angeborene Herzfehler beobachtet [Srour et al., 2016].

MCOPS12 ist eine Form der syndromalen Mikrophthalmie und wird durch eine Punktmutation im Retinsäurerezeptor-beta (RARB)-Gen verursacht. Mehrere Varianten der Punktmutation wurden identifiziert, wobei die Mutation c.1159C>T (p.R387C) die prominenteste ist (d. h. Cytosin wird durch Thymin im Nukleotid 1159 ersetzt, wodurch Arginin (R) an Aminosäureposition 387 ersetzt wird durch Cystein (C) im RARb-Protein).

Abhängig von der Punktmutationsvariante (dem spezifischen Ort der Punktmutation im RARB-Gen) können die Krankheitssymptome unterschiedlich sein, wobei einige Patienten mildere Manifestationen haben oder nur eine Untergruppe davon zeigen. RARB-Genmutationen treten in der Regel spontan auf und sind nicht vererbte genetische Veränderungen (De-novo-Mutationen), können aber in einigen Familien autosomal-dominant vererbt werden.

Abbildung 1 zeigt die Auswirkung der RARB-Genmutation auf die verschiedenen Krankheitssymptome, die mit MCOPS12 assoziiert sind: Die Mutation im RARB-Gen verursacht die Expression eines mutierten RARb-Proteins. Da RARb ein Transkriptionsfaktor ist, der nach Aktivierung durch Retinsäure die Expression vieler Gene im menschlichen Körper reguliert, verursacht das mutierte RARb-Protein eine gestörte (unausgeglichene) Transkription von Genen in verschiedenen Zielzellen.

Einige der betroffenen Zielgene sind an der vorgeburtlichen Entwicklung von Augen, Zwerchfell und Herz beteiligt und verursachen so Fehlbildungen des Auges (meist Mikrophthalmie), Zwerchfellbruch oder angeborene Herzfehler. Darüber hinaus ist auch die pränatale und postnatale Entwicklung des Striatum und des präfrontalen Kortex im Gehirn betroffen, was die Hauptursache für die bei MCOPS12-Patienten beobachteten Bewegungsstörungen und verschiedenen kognitiven Beeinträchtigungen ist.

 

Abbildung 1: Mutation des RARB-Gens als Ursache für MCOPS12.

MCOPS12 wurde erst vor einigen Jahren entdeckt und das Wissen ist noch spärlich. 2013 wurden die RARB-Genmutation und die damit verbundenen Symptome erstmals in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben [Srour et al., 2013]. Bisher sind fast alle identifizierten Patienten Kinder.

Glücklicherweise hat sich die akademische Forschung in den letzten Jahren mit dem Ziel entwickelt, den Mechanismus der fortschreitenden Bewegungsstörungen zu verstehen, die die häufigsten und homogenen Krankheitssymptome bei MCOPS12-Patienten darstellen. Für eine detailliertere Erläuterung der Genetik und Pathophysiologie von MCOPS12-bedingten Bewegungsstörungen schauen Sie bitte in den Abschnitt “Unsere Arbeit / Laufende Forschung”.

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